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ZUKUNFT FINDET STADT – Das Publikum hat das Wort

3. November 2023

 

Nachfolgeveranstaltung zum BDA Köln Symposium „Zukunft findet Stadt“ | © Elke Beccard

ARCHITEKTURWOCHEN NRW 2023

Im Oktober 2022 hatte der BDA in Köln ein Symposium zur Zukunftsfähigkeit der Stadt organisiert. Referenten unterschiedlicher Disziplinen – gleichermaßen Vertreter aus Theorie und Praxis – stellten damals Thesen zu einzelnen Themenkomplexen vor, an denen sich die Zukunft des Systems Stadt entscheiden wird. Ein Jahr später folgte nun an gleicher Stelle die Anschlussveranstaltung in Form einer breiteren Diskussion.

 

Manchmal tut es gut, über die Zukunft der Stadt auf einer strukturellen Ebene zu diskutieren, welche die (potentiellen) Rollen der Akteure in den Blick nimmt, anstatt einmal mehr öffentliche Debatten zu repetieren, die derzeit düster genug sind. Beispiel Wohnen: Angesichts geringen Neubauvolumens und wachsender Nachfrage wird für das kommende Jahr eine Zahl von 1 Million fehlender Wohnungen prognostiziert. Lösungsansätze wie die Ausweisung von mehr kommunalem Bauland, vereinfachte Bauvorschriften (Verzicht auf Effizienzvorgaben für Neubauten) oder die Förderung seriellen Bauens scheinen ebenso begrenzt zu sein wie – mangels Masse – der Schwenk zu Umbau und Sanierung.

Die Wohnungsfrage war neben der Raumfrage („ReOrganisieren von städtischem Raum“) und der Frage, wie man die Zivilgesellschaft besser in Projekte einbezieht („BeDienen“) eines von drei Themen des Workshops „Zukunft findet Stadt – das Publikum hat das Wort“ des BDA in Köln. In Form von Diskussionsforen wurden die damals aufgeworfenen Themen vertieft. Eingeleitet von 3 Impulsreferaten – Wohnen (Marieke Behne / Prof. Bernd Kniess), Raum (Prof. Mario Tvrtkovic / Prof. Yasemin Utku), BeDienen (Hauke Feddersen / Jan Pehoviak) – diskutierten ca. 50 Teilnehmende an drei Tischen, man notierte Stichworte und suchte, strategische Schlussfolgerungen zu ziehen.

Impulsreferate: Wohnen (Marieke Behne, Prof. Bernd Kniess), Raum (Prof. Mario Tvrtkovic, Prof. Yasemin Utku), BeDienen (Hauke Feddersen, Jan Pehoviak)
Diskussionsforen an drei Tischen | © Elke Beccard

BeWohnen – Thema Wohnen: Wie habt Ihr bisher, wie wollt Ihr (im Alter) wohnen? Das Resultat der Umfrage an die Runden spricht eine klare Botschaft: Ganz oben steht der Wunsch nach gemeinschaftlichem (genossenschaftlichem) Wohnen, was angesichts von 41 % SIngle- und 80% 1-2 Personen-Haushalten eine gesellschaftspolitische Dimension ersten Ranges anzeigt. Wo aber sind die Spielräume in einem umkämpften Segment, der längst zum Finanzspekulationsfaktor geworden ist? Stichworte könnten sein: Stärkung der Genossenschaften, Wohnungstauschinitiativen, Revitalisierung des ländlichen/stadtnahen Leerstands, dichtes bzw. geteiltes Wohnen, Untervermietungen.

ReOrganisieren – Thema Raum: Hat man die Machtstrukturen innerhalb der Stadt erst einmal erkannt, so ist Projekt-Initiatoren/-Akteuren zu empfehlen: räumlich kleinteilige Projekte, zeitlich überschaubarere Planungsphasen, eine bessere Darstellung der ökonomischen Plausibilität. Man müsse, so der Tenor, vom Modellcharakter in Richtung einer größeren Verbreitung kommen, wozu auch die Verbesserung der Sprachfähigkeit gegenüber der Politik gehöre. Last not least: Zum Wunsch nach mehr Praxisnähe zu zählen ist auch die Erkenntnis, dass angesichts (zunehmender) gesellschaftlicher Widerstände z.B. gegen einen wirklich entschiedenen ökologischen Umbau der Stadt die eigene „Blasensituation“ zu reflektieren sei.

Praxisorientierte Lösungsansätze sind derzeit mehr gefragt als urbane Utopien | © Elke Beccard

BeDienen – Thema Partizipation: Natürlich gibt es viele erfolgreiche Beispiele: Zur Sprache kam z.B. das i-Resilience-Projekt in Köln-Deutz mit Maßnahmen zur Stärkung der Klimaresilienz, das die Anliegen der Betroffenen mit Zuständigen aus der Stadtverwaltung kurzuschließen suchte. Allgemein aber ist die Frage einer besseren Organisation der Beteiligungsprozesse an urbanen Vorhaben – sei es beim Thema Mobilität, bei dem der Begrünung oder der Bespielung öffentlicher Räume – d i e große Herausforderung. Abgesehen davon, so schon das Impulsreferat, dass das geduldige Ansprechen heterogener Gruppen („es gibt nicht die Zivilgesellschaft“) immer eine wichtige Voraussetzung bleibt, so sind Aspekte wie die Einrichtung von Anlaufstellen bzw. Ansprechpartnern bei den Verwaltungen sowie der bessere Wissenstransfer von Projektbeteiligung in die kommunalen Verwaltungen hinein, die ihrerseits häufig kein Know-how der Zusammenarbeit mit Bürgergesellschaften besitzen, zukünftige Kernpunkte. — Wenn es um Strukturen geht, so ließe sich resümieren, sind praxisorientierte Lösungsansätze derzeit mehr gefragt als urbane Utopien.

Frank Maier-Solgk