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WN Interview mit Martin Behet und Meinhard Neuhaus

13. September 2021

Münster braucht mehr Mut

von Martin Kalitschke

MÜNSTER Der Bund Deutscher Architekten (BDA) Münster-Münsterland hat seit Kurzem eine neue Führungsspitze. Martin Behet ist Vorsitzender, Meinhard Neuhaus sein Stellvertreter. Wir haben mit den beiden Architekten über Bürgerbeteiligung und Stadtentwicklung gesprochen.

Herr Neuhaus, warum engagieren Sie sich im BDA-Vorstand?
Neuhaus: Wenn man in einem Verein ist, kann man sich berieseln lassen –oder aktiv mitgestalten. Ich will mit-gestalten. Der Vorstand arbeitet gut zusammen, ich bin sicher, dass er die Ziele des BDA voranbringen wird. Zugleich ist ein solches Engagement eine Bereicherung, der Austausch ist sehr anregend.

Herr Behet, was hat Sie dazu motiviert, zusätzlich eine so arbeitsintensive Aufgabe zu übernehmen?
Behet: Die Arbeit im vorherigen Vorstand – dem ich ebenfalls angehört habe – hat mir einfach viel Spaß gemacht.

Wie würden Sie die Ziele des BDA beschreiben ?
Behet: Eines unserer Ziele ist es, die breite Öffentlichkeit noch näher an das The-ma Architektur heranzuführen und so Defizite, zum Beispiel im Bildungssystem, auszugleichen, die wir immer wieder feststellen, wenn über Themen aus den Be-reichen Architektur und Städtebau diskutiert wird. Es geht uns darum, im Sinne der Partizipation die Distanz zwischen Fachleuten und Bürgern zu verringern. Aber auch wir müssen dazulernen. Denn schließlich bauen wir immer für Menschen – und nicht für die eigene Reputation.

WN Martin Kalitschke
WN Martin Kalitschke
Der neue Vorsitzende des Bundes Deutscher Architekten (BDA) Münster-Münsterland, Martin Behet (l.), mit seinem Stellvertre-ter Meinhard Neuhaus. (kal)

Wie betrachtet der BDA Münster-Münsterland die häufig hitzigen öffentlichen Diskussionen um Bauprojekte in Münster?
Behet: Die Menschen erwarten heute bei architektonischen Entwicklungen, dass sie beteiligt werden und mitreden dürfen. Das ist eine positive Entwicklung. Ein solcher Austausch kann aber nur gelingen, wenn man auf Augenhöhe miteinander spricht. Wir sehen das doch immer wieder: Ein Projekt kommt auf den Tisch, und dann hagelt es Kritik. Das muss nicht sein, wenn man sich bereits zu einem frühen Zeitpunkt austauscht. Dann können Anregungen und Vorschläge von Bürgern bei den weiteren Planungen womöglich berücksichtigt werden.

Neuhaus: Als BDA möchten wir zu respektvollen, sachlichen Diskussionen beitragen. Wenn wir rechtzeitig das Bewusstsein für Baukultur schaffen – zum Beispiel, indem wir erläutern, was gute, nachhaltige Architektur ist –, dann wird das bei jedem ziehen, davon bin ich fest überzeugt. Wir wollen künftig das, was gute Architektur leisten kann, noch stärker transparent machen. Dabei wollen wir nicht besserwisserisch daherkommen, sondern einen echten Diskurs anstoßen.

Die Bürgerbeteiligung gewinnt ja schon seit Jahren an Bedeutung. Ich habe den Eindruck, dass oft dieselben Bürger bei Veranstaltungen sitzen – in einer, gemessen an der Einwohnerzahl Münsters, nur geringen Anzahl.
Neuhaus: Genau deshalb muss es uns gelingen, die breite Bevölkerung anzusprechen – und nicht nur einige wenige.

Behet: Das gelingt uns ja auch schon heute. Reihen wie Architektur im Kontext, eine Vortragsreihe in Zusammenarbeit mit dem LWL, oder „A – Z Architekten“, in Kooperation mit Stefan Rethfeld, locken bis zu 400 Zuhörer an, Studierende der Münster School of Architecture (MSA), Fachkollegen, aber vor allem interessierte Bürgerinnen und Bürger.

Aber zieht mehr Bürgerbeteiligung am Ende nicht auch die Realisierung von Projekten womöglich unnötig in die Länge?
Neuhaus: Nicht unbedingt. Aber ja, es wird in letzter Zeit schwerer, Projekte um-zusetzen – weil die Verfahren immer komplexer werden, zum Beispiel immer neue Gutachten gefordert werden. Das zieht Baugenehmigungsverfahren natürlich in die Länge.

Behet: Die Zeiten, in denen man ein großes Projekt aus dem Hut zauberte und kurz darauf die Bauarbeiten beginnen konnten, sind vorbei. Wenn es heute bei Projekten Gegenwind gibt, dann liegt das auch daran, dass die Bürger nicht recht-zeitig informiert und beteiligt wurden und damit nicht von einem Projekt über-zeugt werden konnten.

Ein münsterischer Architekt konnte Verwaltung und Politik nicht mit seinem Entwurf für zwei weitere Hochhäuser am Hauptbahnhof überzeugen. Hier sollen Gebäude künftig auf 23 Meter Höhe gedeckelt werden. Was halten Sie davon?
Behet: Wenn man weitere Hochhäuser ausschließt, dann verhindert man möglicherweise auch innovative Entwicklungen. Auch wenn hinter solchen Entscheidungen das Motiv stecken mag, Qualität zu bewahren: Ich halte es für einen Fehlschluss, dass Hochhäuser nicht auch für Qualität stehen können. Manchmal würde ich mir in Münster etwas mehr Mut wünschen.

Neuhaus: Mir fehlt bis heute die fachliche Begründung für eine solche Deckelung. Münster braucht daher dringend ein Hochhauskonzept.

Was braucht Münster noch?
Behet: Ein Verkehrskonzept und ein Nachhaltigkeitskonzept. Beide sind wichtige Voraussetzungen auch für unsere Arbeit. Es reicht nicht, an einigen Stellen Leuchttürme zu realisieren. Die Stadt muss im Ganzen betrachtet werden. Ein Teilaspekt ist das Thema Nachverdichtung, das nach wie vor auf dem Tisch liegt. Wie verhindern wir, dass Münster an den Rändern ausfranst, wie sollen sich Gebäudehöhen entwickeln? Gerade bei Letzterem wünschen wir uns mehr Flexibilität: Man sollte sich nicht auf ewig an der Traufhöhe des Nachbarn orientieren, sondern auch mal zwei bis drei Stockwerke mehr ermöglichen. Schließlich ist gerade auf dem Wohnungsmarkt der Druck nach wie vor groß. Mit einem solchen Schritt würde man zugleich den Flächenfraß begrenzen.

Franst die Stadt nicht jetzt schon aus?
Neuhaus: Ich bin durchaus für Satelliten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln mit der Innenstadt verbunden sind. Das ist für mich kein Ausfransen.

Behet: Bei all diesen Fragen und Diskussionen will sich der BDA noch stärker ein-bringen. Es geht darum, neue Chancen und Möglichkeiten für Münster auszuloten.

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